Wer in seinem Nordsee Urlaub einmal nach Bremerhaven kommt, der sollte unbedingt eine Hafenrundfahrt machen. Denn der geschichtsträchtige Hafen bietet spannende Geschichten, dicke Pötte und halsbrecherische Brücken.
Wir fahren nach Bremerhaven, um eine Hafenrundfahrt zu machen. Das wollten wir schon länger mal machen. Wir erwarten einen eher kleinen Hafen, schließlich kennen wir den Hamburger Hafen, Bremerhaven wird dagegen wohl winzig sein. Doch wir sollten uns täuschen. Denn: Bremerhaven ist anders. Hier sind noch vor 50 Jahren die ganz großen Auswandererschiffe in See gestochen und brachten hundertausende Menschen in eine neue Welt voller Hoffnung. Dieses Flair ist noch heute im Hafen zu spüren.
Wir starten in der “Hafencity” von Bremerhaven, laufen über ein paar schöne alte Brücken, vorbei an beeindruckenden alten Seglern in den „Neuen Hafen“ – und da liegt unser heutiges Schiff schon vor uns: die „Hein Mück“ soll uns mitnehmen in die Abenteuerwelt der Seefahrt. Na ja, zumindest dorthin, wo die Seefahrt startet und ankommt: mittenrein in den Seehafen von Bremerhaven.
Bremerhaven ist eine junge Stadt. Erst 1827 kaufte Bremen ein Grundstück an jener Stelle, wo die Geeste in die Weser mündet. Dort sollte ein Hafen gebaut werden. Das wurde notwendig, da die Weser bei Bremen zunehmend versandete. Das Areal wurde Bremerhaven getauft und man begann mit dem Bau des “Alten Hafens”, der bereits 1830 fertiggestellt wurde.
In den Folgejahren wurden immer weitere Häfen hinzugebaut und Bremerhaven entwickelte sich knapp 30 Jahre nach Gründung zum größten Auswandererhafen Europas. Das Hauptziel war Amerika.
Heute hat Bremerhaven rund 115.000 Einwohner und ist einer der größten Autodrehscheiben Europas und Schwerpunkt der Offshore-Windenergie-Industrie. Als Containerhafen nimmt Bremerhaven heute einen Spitzenplatz ein.
Die Hein Mück selbst ist ein recht modern anmutendes Zweckschiff. Eine 22 Meter lange Barkasse mit Plexiglasdach, das bei schönem Wetter zurückgeschoben wird und freien Blick zulässt. Bis zu 96 Personen finden an Bord Platz, heute ist aber deutlich weniger los, was uns sehr recht ist.
Vielleicht liegt das am gemischten Wetter. Wolken und Sonne wechseln sich ab und wir hoffen, vom Regen verschont zu bleiben. Wenn nicht, sitzen wir aber trotzdem dank großer Glasüberdachung im Trockenen.
Wir müssen nicht lange warten, schon werden die Leinen gelöst und das Schiff manövriert sich routiniert weg vom Anleger. Wir sitzen gemütlich am Tisch und genießen den uns gleich gebrachten Kaffee. Trotz des zum Teil geschlossenem Glasdachs haben wir einen schönen Panoramablick auf das Hafengeschehen. Unser “Reisebegleiter” begrüßt uns mit Berliner Dialekt und dem typischem Hafenrundfahrt-Humor.
Wir schippern gemütlich durch den „Neuen Hafen“, vorbei an zahlreichen Segelyachten. Am Steg vertäut liegt eine riesige Luxusyacht, die eher nach Saint Tropez passt als nach Bremerhaven. Unser Reisebegleiter offeriert uns die Yacht auch gleich für 1,7 Mio. Euro zum Kauf. Er selber würde schlappe 400.000 Euro Provision in seine Tasche stecken können. Einer der vielen Scherze, die wir in der nächsten halben Stunde zu hören bekommen. Ein Schmunzeln können wir uns dennoch nicht verkneifen. Humor schadet ja nie.
Kaiserhafen und Docks in Bremerhaven
Dann öffnet sich eine gewaltige Brücke vor uns. Die sogenannte Holländer-Klappbrücke schwebt an einer Seite nach oben und gibt den Weg frei in den “Kaiserhafen Eins”. Wir entdecken riesige Hafenkräne, die stoisch ihre Arbeit verrichten. Es geht vorbei an einer Fähre, die hier auf der Werft einen neuen Anstrich erhält. Diese hat Platz für 600 Passagiere und 150 PKWs und ihr Name ist…tataaa… die “Grete”. Auf ihr sind wir schon häufig zwischen Cuxhaven und Brunsbüttel über die Elbe geschippert.
Da erscheint ein riesiges rostiges Ding, das schwimmt, obwohl es hinten offen ist. Wir entdecken, dass ein Schiff in dem Ding trocken steht. Unser Reisebgleiter erklärt, es handelt sich um ein sogenanntes Schwimm-Dock. Wird es geflutet, sinkt es ab und riesige Schiffe können hineinfahren. Dann wird das Wasser aus den Tanks abgepumpt, das Dock schwimmt hoch und das Schiff im Inneren steht trocken wie an Land. Jetzt können Reparaturarbeiten durchgeführt werden. Das große Schiff im Dock ist immerhin gut 120 Meter lang und 17 Meter breit. Nicht ganz winzig.
Uns kommt ein Schlepper entgegen. Er soll einen Voith-Schneider-Antrieb haben – nie gehört. Später erfahren wir im Netz, dass es sich um einen ziemlich geniales System handelt, um Schiffe sehr wendig zu machen.
Unermüdlich schippern wir weiter und sehen wieder ein Dock. Diesmal noch größer und moderner. Das Schiff im Inneren soll 180 Meter lang und 30 Meter breit sein. Das Dock war ursprünglich in den USA im Einsatz und wurde dann über den Atlantik nach Bremerhaven geschleppt. Wir sind beeindruckt.
Dann werden wir aufgefordert, unsere Aufmerksamkeit nach Steuerbord zu wenden und entdecken einen gelben Zaun. Was mag das nur sein?, fragen wir uns und bekommen prompt die Antwort: „Das ist die Markierung der Zollfreigrenze“. Sie bedeutet, dass alle Waren innerhalb der Grenze zollfrei sind. Erst wenn sie ausserhalb gebracht werden, fällt Zoll an – dadurch wird der Handel erleichtert.
6.000 Autos auf einem Schiff
Weiter geht´s vorbei an ausgedehnten Parkplätzen voller Neuwagen. Entweder auländische Modelle, die von den großen Autotransportern abgeladen wurden oder deutsche Autos, die auf die Verschiffung nach Übersee warten. Das sind enorme Werte, die hier stehen. Es schieben sich Riesenschiffe ins Bild. Der Reiseführer erläutert, dass es sich um Autotransporter handelt, die um die 6.000 PKW auf einmal im Bauch aufnehmen können. Die Innendecks sind in der Höhe verstellbar, um die Beladung variabel für große Bau- oder Landfahrzeuge machen zu können.
Die Treibstofftanks der Schiffe, fassen bis zu 3.500 Kubikmeter, also etwa 3,5 Mio Liter. Einmal Volltanken kostet dann auch in etwa eine Mio Euro.
Dann wird es unheimlich: ich schaue nach oben und über mir ragt hochhausgleich ein Schiffsrumpf auf. Die „Hein Mück“ ist dicht herangefahren und wir befinden uns direkt unterhalb des Bugs. Ein Blick, der Angst einflößen kann. Wir sind direkt unter dem gewaltigen Anker.
“Wenn der nun runterkommt…” – weiter gehen die Gedanken nicht, sie werden durch den Sprecher unterbrochen, der von einer Barkasse erzählt, die von einem solchen tonnenschweren Anker versenkt wurde. Na – das beruhigt ja ungemein. Man hört an den Ausführungen des Sprechers, dass auch dies zum Glück ein Späßchen war.
Es geht durch weitere Hafenbecken, vorbei an Kaianlagen mit Kränen, unzähligen Containern und vielen Autos, die auf den Weitertransport an Land oder auf See warten. Die Wasserwege und Gebäude am Ufer muten an wie eine eigene Stadt, in die man normalerweise keinen Einblick bekommt.
Größte Eisenbahn-Drehbrücke Europas
Vor uns liegt nun eine Eisenbahn-Drehbrücke, die größte ihrer Art in Europa. Eine Öffnung dauert etwa 7 Minuten, daher versucht die Rundfahrt-Barkasse, unter ihr her zu fahren. Unser Reiseleiter macht daraus ein spannendes Event: “Passt es oder passt es nicht? Wenn es nicht passt – gibt es drei Schwimmwesten an Bord fürs Personal. Für Gäste ein paar Schwimmkissen, aber wie die funktionieren, weiß er angeblich nicht.
Die Barkasse fährt sehr langsam unter der Brücke hindurch – es sieht tatsächlich recht knapp aus. Aber mit ein paar Zentimetern Luft dazwischen klappt es und niemand muss seine Schwimmkünste im Hafen testen.
Wir sehen viele weitere Seeschiffe, die das Ambiente der großen weiten Welt vermitteln. Selbst Kratzer auf einem Schiffrumpf lösen Sehnsucht aus. Wie das? Der Sprecher weist auf die Kratzer am Rumpf eines Riesenschiffs hin.
Diese stammen von den alten Schleusen des Panama-Kanals, die relativ eng sind. Daher bekommen die Großschiffe Kratzer – quasi als Zeugen einer weit entfernten Welt.
Der Himmel zieht sich zu und es wird düster. Die ersten Tropfen fallen – gut, dass die “Hein Mück” ein Glasdach hat, unter dem alle trocken und bequem sitzen können. Die zwei offenen Stellen werden schnell von der Crew geschlossen und es geht zurück. Wieder vorbei an den schönen Segelschiffen im Yachthafen und hin zum Liegeplatz der Ausflugsbarkasse.
Die Fahrt mit der Hein Mück hat sich auf jeden Fall gelohnt. Man sieht eine komplett andere Welt, nicht im Museum sondern live und in vollem Betrieb. Durch die informativen und nicht immer ernstgemeinten Kommentare des Barkassensprechers, vergeht die Zeit wie im Flug und nach einer guten Stunde betreten wir wieder den festen Boden. Wir drehen noch zu Fuß eine Runde um den Hafen. Wie schon gesagt, wir können nie genug von Häfen bekommen.
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Video: Hafenrundfahrt in Bremerhaven
Ein kurzer Video-Mitschnitt der Hafenrundfahrt:
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Preise:
Erwachsene: 11 €
Jugendliche: 7,50 €, zwischen 14 und 17 Jahren
Kinder: 5 €, zwischen 4 und 13 Jahren
Abfahrtszeiten: In der Saison fahren die Schiffe alle 45 min. ab 10:30 bis 16:30 Uhr. Man muss nicht reservieren. Ist das eine Schifff voll, nimmt man einfach das nächste.
Weitere Infos: www.hafenrundfahrt-bremerhaven.de
Hast Du auch schon einmal eine Hafenrundfahrt gemacht? Verrate uns Deinen Geheimtipp für die schönste Hafenrundfahrt.
Guten Tag
Sind bei Ihnen auf den Schiffen Hunde erlaubt?
Wollen am Sonntag eine Hafenrundfahrt machen, haben aber einen kleinen Hund dabei.
Mit fdl. Gruß
Liebe Mandy,
vielen Dank für Deinen Kommentar. Wir sind ja nicht der Veranstalter, sondern waren selbst Gäste auf dem Schiff.
Aber, auf deren Webseite steht, dass Hunde erlaubt sind und für einen kleinen Betrag mitgenommen werden.
Hier nochmal gerne die Webseite: https://hafenrundfahrt-bremerhaven.de/fahrplanpreise/
Liebe Grüße und viel Spass 🙂
Dein Küstenglück