Niemand, der Cuxhaven besucht, kommt um sie herum. Zumindest vom Hörensagen. Meistens aber kann man ihrem Reiz nicht widerstehen und sucht sie persönlich auf. Die Kugelbake. Einst lebensrettendes Seezeichen, heute Wahrzeichen von Cuxhaven und Touristenmagnet.
Autobahn für Schiffe
Auch wir haben gleich zu Beginn unserer Ankunft von der Kugelbake gehört. Unter dem Namen konnten wir uns erstmal nichts vorstellen. Kugel ja, aber – Bake? Was soll das sein? Die Erklärung liegt wie so oft in der Wortherkunft. Bake kommt aus dem Niederdeutschen und die Menschen im Mittelalter verstanden darunter ein Seezeichen. Es diente dazu, das Fahrwasser zu markieren, das ähnlich wie eine Autobahn einen Seestrasse für Schiffe ist. Denn unter der Wasseroberfläche lauern Gefahren in Form von Untiefen. Nicht überall ist es gleich tief im Meer. Wer in Cuxhaven bei Ebbe am Strand spazieren geht, wird das schnell feststellen. Liegt vor einem ein schier endloses Watt, so fahren in unmittelbarer Nähe riesengroße Schiffe vorbei. Wie ist das möglich? Genau, durch die schmale Fahrrinne, die sogar regelmäßig für die Schiffahrt ausgebaggert wird.
Die Kugelbake sollte also die Seeleute davor warnen, genügend Abstand zum Land zu halten. Ein ziemlich wichtiger Job. Weil wir jetzt richtig neugierig geworden sind, wollen wir sie uns jetzt endlich selber anschauen. Nur, wo steckt sie? Das Wahrzeichen der Stadt muss sich doch wohl schon von weitem monströs in den Himmel recken, von weitem sichtbar, blinkend, strahlend, vom Wasser und vom Land, am besten noch mit einer Blaskapelle und einem netten Cafe drum herum?
Wir halten Ausschau und entdecken in der Ferne so eine Art Dreieck, grau oder braun, man kann es nicht erkennen. Nichts blink, kein Haus in der Nähe, keine Buden, keine Kirmes, nichts. Ziemlich unspektakulär. “Das wird sie wohl nicht sein?”, fragen wir uns. Wo doch heute jede Art von Wahrzeichen gerne mit gewissen Touristenverköstigungen, Musik und Shoppingmöglichkeiten versehen wird. Da uns aber nichts anderes auffällt, machen wir uns auf den Weg in Richtung Dreieck.
Im Sommer wirds voll
Soviel sei schon mal gesagt, mit dem Auto kann man nicht zur Kugelbake fahren. Und das ist auch gut so. Dafür führt ein schön geteerter (und im Dunkeln sogar beleuchteter Weg) Richtung Holzdreieck. Im Sommer könnte es hier ein bißchen voller werden, aber in der Nebensaison kann man ohne Probleme Hand in Hand zur Kugelbake flanieren. Aus der Nähe sieht das Ding immer noch wie ein Dreieck aus, mit einem kleinen rechteckigen Aufsatz oben drauf, getoppt von zwei Kugeln, die mich irgendwie an orientalische Paläste erinnert. Mit Schloss Neuschwanstein kann die Kugelbake jedenfalls aus der Ferne nicht mithalten. Es fehlt doch das gewisse Etwas.
Den Hype um die Kugelbake begreifen wir erst, als wir wirklich unter ihr stehen. Eine ganz besondere Atmosphäre liegt hier an diesem kreisrunden mit dicken Steinen abgegrenzten Ort. Die hölzernen Streben wirken aus der Ferne vielleicht winzig, aus der Nähe schrumpfen sie den Menschen auf seine tatsächlich Größe. Beeindruckend ragt sie 30 m in den Himmel, die Kugelbake.Der Wind weht einem hier stärker um die Nase, man ahnt seine Kraft auch wenn er sie nicht voll entfaltet.
Gefahren der Seefahrt
Auf einem glitschigen schmalen Rundweg kann man die Bake umrunden. Das Meer leckt hier gierig an den Steinen direkt zu unseren Füßen und man kann sich gut vorstellen, dass man sich bei Sturm hier besser nicht hertraut. Man kann es hier spüren, riechen und schmecken: die wilden Stürme, die Schiffbrüchigen vergangener Zeiten, die Gefahren der Seefahrt. Es kribbelt einem über den Rücken und ehrfurchtsvoll begreifen wir, wie wichtig die Kugelbake einst gewesen sein mag.
Für uns ist sie ein magischer Ort, der seine Schönheit erst offenlegt, wenn man dort ist. Fest und stark steht sie da, bietet Schutz und trotzt Wind und Wellen. Wer einmal da war, wird gerne wiederkommen. Denn man kann sich nicht ihrem Charme entziehen, wir wollen es auch gar nicht.
Mit den knapp 30 Metern Höhe war die Kugelbake in Zeiten vor der Satelliten-Navigation ein sehr wichtiger Wegweiser in der Elbmündung. Schiffe von und nach Hamburg mussten hier vorbei und brauchten Orientierung. Das Fahrwasser macht hier eine Krümmung und die Kugelbake hilft, diese zu erkennen.
Seit über 100 Jahren ist das Seezeichen zugleich Wahrzeichen der Stadt Cuxhaven und im Wappen der Stadt enthalten. Symbolisch trennt sie die Nordsee von der Elbe.
Wie es zur Kugelbake kam
Um das Jahr 1700 spülte eine Sturmflut eine Baumgruppe fort, die bis dahin als Peilung für die Schiffe diente. Um diese Orientierung wieder herzustellen, wurde wohl im Dezember 1703 – das genaue Datum ist nicht bekannt – die erste Kugelbake errichtet.
Mehrfach wurde das Bauwerk erneuert. Das Holz faulte oder Stürme zerstörten das Seezeichen, in der Regel musste alle 30 Jahre eine Erneuerung her.
Kugelbake wird zur Scheibenbake
Um die Orientierung noch weiter zu verbessern, bekam die Kugelbake 1853 ein Licht, das in einer Hütte unterhalb des Seezeichens brannte. Das ergab eine bessere Sichtbarkeit in der Dunkelheit. Während des Deutsch-Französischen Kriegs, wurde die Leuchthütte abgebaut, damit der “Feind” keine Anhaltspunkte hatte.
Zu Beginn des ersten Weltkriegs wurde aus dem gleichen Grund die Kugelbake sogar ganz entfernt.
Als sie 1924 wieder aufgebaut wurde, erhielt sie statt der Kugel zwei runde 90° versetzte Kreis-Scheiben. Die Scheiben erkennt man als solche erst aus der Nähe. Eigentlich müsste die Kugelbake also Scheibenbake heißen. Die Kugelbake steht unter Denkmalschutz.
Ab 1898 begann Jonathan Zennek, ein deutscher Physiker, an der Kugelbake mit den ersten deutschen Versuchen, eine Funkverbindung zu den Seeschiffen aufzubauen. 1900 gelang die erste Funkverbindung von Helgoland zur Kugelbake und ein Text wurde drahtlos übermittelt. Angeblich lautete der Text:
Zum heutigen Feste, der Wünsche beste, trinkt nicht so viel bei Dölle*, sonst werdet ihr völle.
(Anm.: Dölle war damals ein bekanntes Hotel in Cuxhaven)
Das war der Beginn der Küstenfunkstellen als Bindeglied zur Seeschifffahrt. An Jonathan Zennek erinnert heute ein Gedenksäule auf dem Deich nahe der Kugelbake.
Die Marinefestung “Fort Kugelbake” nahe der Kugelbake wurde an strategisch wichtiger Position an der Einfahrt zur Elbe gebaut um zu Kriegszeiten den ein- und ausfahrenden Schiffverkehr kontrollieren zu können. Der Bau hat eine fünfeckige Bauform, die an das US-amerikanische Pentagon erinnert.
Weitere Infos zur Kugelbake:
Links zur Kugelbake:
Förderverein Maritimer Denkmalschutz